Donnerstag, 25. Februar 2010

Nachtrag:...oder Wissenschaftler einsperren und mundtot machen

In meinem vorherigen Beitrag hatte ich darauf hingewiesen, daß in den USA Parlamente und Abgeordnete versuchen, per Abstimmung festzulegen, wie die Realität auszusehen habe, während bestimmte Unternehmen insbesondere der Kohle- und Ölförderung das gleiche über Zuwendungen zu Lobbygruppen versuchen. Diese Aktivitäten sind in einem Netzwerk eingebunden, in dem man sich bei Bedarf seine Alliierten zusammensucht und in dem verschiedene Blogs eingebunden sind. Unter anderem hatte ich dabei auf den "Bericht" der republikanischen Minderheit im amerikanischen Senat hingewiesen, unter der Leitung von Senator Inhofe, der gerne mit dem Instrument der Diffamierung und Lüge arbeitet, um den menschengemachten Klimawandel zu leugnen. In dem "Bericht" werden nicht nur zahlreiche absurde Behauptungen erhoben, mit denen man Wissenschaftlern Fälschung von Daten unterstellen will, sondern diese Wissenschaftler sollen auch kriminalisiert werden. Mir war beim flüchtigen Lesen des "Berichts" entgangen, daß hier den Wissenschaftlern ganz konkret Gesetzesverstöße vorgeworfen werden.

"The scientists involved in the CRU controversy violated fundamental ethical principles governing taxpayer-funded research and, in some cases, may have violated federal laws."
Hier wird Inhofe wohl auch Untersuchungen verlangen, was vor allem kritisch wird, wenn die Republikaner in den nächsten Wahlen wieder die Mehrheit im Senat erringen sollten. Das erinnert zunehmend an die Situation in den 50er Jahren, als ein Untersuchungsausschuß im Senat unter Leitung von JosephMcCarthy tatsächliche oder vermeintliche Kommunisten verfolgte und unter anderem eine schwarze Liste von linken Drehbuchautoren erstellt wurde, die die Karrieren der Verdächtigten Personen beendeten.

Inhofe strebt also an, Wissenschaftler mit erfundenen Anschuldigungen mundtot zu machen, darunter viele Personen, die zu den Besten in ihrem Fach gehören, Namen wie Susan Solomon, Michael Mann, Phil Jones, James Hansen oder Kevin Trenberth stehen auf der, man kann es ruhig schon so nennen, schwarzen Liste. Nicht nur die Tatsache an sich, sondern auch, wie sehr dies an den Medien vorbeigeht, die andererseits kritiklos die Lügen britischer Journalisten wie Leake verbreiteten, macht fassungslos. Hintergrund dazu gibt Climate Science Watch.

Solche Vorgänge sind ernstzunehmen, obwohl sie in erster Linie auf Fabrikationen und widerlegten Anschuldigungen aufbauen, wie Clive Hamilton bei der Australian Broadcasting Corporation im vierten Teil seiner Artikelreihe zu den Hintergründen der Angriffe auf Wissenschaftler darlegt.

Dieses Schema "wir können an den Tatsachen nichts ändern, aber wir können die Wissenschaftler angreifen, die sie feststellen" findet man immer wieder. Danach gehen nicht nur Lobbygruppen vor und bestimmte Kreise der Republikaner in den USA, man findet das auch dort wieder, wo man es nicht erwartet. Auch Hans von Storch versucht nämlich, Kollegen erst zu diffamieren, um sie dann aus dem IPCC als Autoren herauszukicken. Das kulminiert in:

Die Beteiligten haben allerdings ein Kartell gebildet, zu dem auch maßgeblich die Autoren der Kopenhagen-Diagnose zählen - etwa Michael Mann oder Stefan Rahmstorf. Ein Kartell, um die eigenen Ansichten gegen andere durchzusetzen. (...) Entsprechende Forscher sollten aus diesen Gremien zurücktreten und nicht mehr über andere Arbeiten urteilen.
Das macht deutlich, worum es von Storch vielleicht gehen könnte, wenn er Kollegen diffamiert und sich selbst als "ehrlicher Makler", als Mann zwischen angeblichen "Alarmisten" und selbsternannten "Skeptikern" beweihräuchert: wenn man die besten Kollegen wegmobbt, wird Platz für die eigene mittelmäßige Forschung gemacht. Man kann Positionen beim IPCC besetzen, man kommt in das Expertengremium der Bundesregierung...das ist, wohlgemerkt, nur eine Unterstellung, eine Motivsuche - wer kann schon in das Gehirn eines anderen Menschen blicken? Wenn man jedenfalls die Antwort von Stefan Rahmstorf dazu liest, wird man schnell einen Unterschied merken: bei von Storch liest man vor allem Unterstellungen, zu denen man vergeblich nach Belegen sucht. Manches wird bewußt nur angedeutet und dann vage gelassen. In der Antwort von Rahmstorf hingegen werden die Gegendarstellungen nachvollziehbar belegt und sind sehr spezifisch. Wenn man sich gegen Unterstellungen wehren will, braucht man vor allem ein Publikum mit gutem Gedächtnis und dem Willen, für alle Behauptungen auch die Belege zu fordern und selbst zu suchen. Lobbyisten, Leugner und "ehrliche Makler" rechnen damit, daß es genau daran fehlt. Sie könnten kurzfristig recht behalten.

PS.: In einem langen Beitrag bei RealClimate beschreibt Ben Santer unter anderem die persönlichen Angriffe von McIntyre und die von ihm betriebene Treibjagd (unterer Teil). Die finanziellen Verbindungen zwischen McIntyre und verschiedenen Think Tanks, die wiederum zum Teil von Energiefirmen finanziert werden, werden bei DeepClimate erhellt.

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