Sonntag, 28. März 2010

Warum der Klimawandel ein Problem ist

Wie man kürzlich lesen konnte, ist inzwischen nur noch eine Minderheit der Deutschen der Meinung, daß wir uns wegen des Klimawandels Sorgen machen müßten. Der Spiegel hatte eine Umfrage in Auftrag gegeben, nach der nur noch 42 Prozent der Meinung seien, daß wir uns vor den Folgen des Klimawandels fürchten müßten. 2006 waren noch 62 Prozent der Deutschen der Meinung, daß wir uns vor den Folgen eines Klimawandels fürchten müßten. Im Spiegel wird behauptet, daß sei Folge einiger behaupteter Fehler im IPCC-Bericht. Wir wissen, daß von den angeblichen Fehlern die meisten nur konstruiert und alle Punkte ohne Einfluß auf die Grundaussagen des Berichts sind. Und wir wissen auch, daß nicht diese bestrittenen Punkte der Grund für den Meinungsumschwung sind, sondern die Tatsache, daß die Medien einer Desinformationskampagne von Lobbykreisen ohne angemessene Berichterstattung Raum geben.

An dieser Stelle möchte ich zusammenfassen, warum der Klimawandel ein Problem ist. Zunächst einmal geht es um den Anstieg des Mischungsverhältnisses von CO2 in der Atmosphäre an sich. Der CO2-Gehalt ist in den letzten 650.000 Jahren zwischen ca. 180 ppm und 300 ppm geschwankt. 180 ppm bedeuteten eine Eiszeit, 300 ppm eine Zwischeneiszeit, mit ca. 6 Grad Temperaturunterschied global zwischen den beiden Zuständen. Nach heutigem Kenntnisstand ist dabei der Unterschied in dem CO2-Mischungsverhältnis eine positive Rückkopplung aufgrund eines geringfügigen Unterschieds im Strahlungshaushalt der Erde durch den Milankovich-Zyklus der Erde. Zugleich ist dieser Milankovich-Zyklus auch einer von mehreren Belegen dafür, daß es eine insgesamt positive Rückkopplung bei einer globalen Temperaturänderung gibt. Derzeit steigt das CO2-Mischungsverhältnis pro Jahr um ca. 2 ppm an und liegt bei ca. 387,5 ppm und damit bereits weit außerhalb des Bereichs der letzten 650.000 und vermutlich 1,3 Millionen Jahre. Und im Gegensatz zu früher ist der CO2-Anstieg diesmal nicht eine Rückkopplung, sondern Antrieb einer Klimaänderung, bei der viele, insbesondere langsamere Rückkopplungen erst noch eintreten werden. Bis 2030 sind wir bereits zu einem Anstieg des globalen CO2-Mischungsverhältnisses auf über 430 ppm verurteilt, und nur drastische Maßnahmen könnten verhindern, daß das globale CO2-Mischungsverhältnis deutlich darüber steigt. Bisher ist noch keine Maßnahme getroffen worden, die verhindern würde, daß das CO2-Mischungsverhältnis in einen Bereich steigt von über 600, vielleicht 1000 oder mehr ppm, der uns klimatisch zurückbringt in die Zeit der Dinosaurier.

Wir verändern also unausweichlich die Zusammensetzung unserer Atmosphäre in einen Bereich eines Zeitalters, in dem es noch keinen modernen Menschen und keinen Ackerbau gab. Das macht mich alleine bereits besorgt.

Wir emittieren CO2 und verändern unsere Atmosphäre, ohne daß uns irgendein Hinweis dazu vorläge, daß dieses unbedenklich wäre. Tatsächlich ist niemand dazu in der Lage, irgendeinen unumstößlichen Beweis zu liefern, daß ein Anstieg des CO2-Mischungsverhältnisses über 400 ppm ohne gravierende Auswirkungen auf Ökosysteme, Ackerbau und Meeresspiegelanstieg bliebe.

Der Meeresspiegel hat sich in der Vergangenheit rasch an veränderte Temperaturen angepaßt. Änderungen um 1-2 Meter pro Jahrhundert waren offensichtlich möglich. Die Hinweise verdichten sich, daß wir auch bis Ende dieses Jahrhunderts mit einem Anstieg des Meeresspiegels um 80 bis 140 cm rechnen müssen. Außerdem ist nicht auszuschließen, daß der grönländische Einsschild, der bei den heutigen Temperaturen vermutlich nur metastabil ist, bei einem weiteren globalen Temperaturanstieg instabil würde. Der westantarktische Eisschild könnte bei ähnlichen oder geringfügig höheren Temperaturen instabil werden. Beide Eisschilde enthalten genug Wasser, um den Meeresspiegel global jeweils um mehr als 5 Meter im Laufe weniger Jahrhunderte steigen zu lassen, mit starken regionalen Unterschieden. Hier ist ein Prozess, der im Laufe einiger Jahrzehnte aus unserer Kontrolle geraten könnte und einen Zustand erreichen könnte, in dem Anpassung an den Klimawandel für betroffene Staaten nicht mehr möglich wäre. Deutschland mit der norddeutschen Tiefebene gehört dazu.

Ein weiteres Problem eines ungebremsten CO2-Anstiegs ist die zunehmende Versauerung der Meere, die dazu führen kann, daß die Meere als Nahrungslieferanten weitgehend ausfallen. Ergänzung am 29.03.2010: Der Abfall des pH-Wertes erfolgt derzeit bis zu einer Größenordnung schneller als bei einem vergleichbaren Ereignis vor 55 Millionen Jahren, bei dem ein massives Artensterben in den Ozeanen zu beobachten war. In der betroffenen Sedimentschicht aus jener Zeit findet man plötzlich nicht mehr die Kalkablagerungen der Schalen von Meereslebewesen, sondern nur rötlichen Ton, bis sich einige 100.000 Jahre später die Ozeane erholt hatten. Eine Zerstörung der Artenvielfalt in den Ozeanen über mehrere 100.000 Jahre ist auf der menschlichen Zeitskala ein Ereignis, das unsere Zivilisation dauerhaft beeinträchtigt. Zusammen mit Überdüngung und CO2-Anstieg ist zudem zu befürchten, daß sich Todeszonen in den Ozeanen dramatisch ausbreiten. Dies alles sind Probleme, die auch Deutsche unmittebar betreffen werden mit spürbaren Folgen möglicherweise in den nächsten Jahrzehnten.

Der globale Temperaturanstieg aufgrund des Treibhauseffektes ist eine sichere und triviale Folge des CO2-Anstiegs. Die größere Unbekannte ist dabei, wie stark das CO2-Mischungsverhältnis steigen wird sowie die Mischungsverhältnisse anderer Treibhausgase. Dies ist deshalb eine Unbekannte, weil nicht nur die Temperatur an die Treibhausgasmischungsverhältnisse gekoppelt ist, sondern die Treibhausgasemissionen aus den Böden und aus dem Meer an die Temperatur gekoppelt sind. Ich habe dazu Hinweise gegeben. Es gibt inzwischen einen weiteren Hinweis auf eine Korrelation von Temperatur und Emission von CO2 aus den Böden. Es ist daher nicht auszuschließen, daß es einen Temperaturbereich gibt, in dem wir den weiteren Anstieg der CO2-Mischungsverhältnisse (oder von Methan) gar nicht aufhalten können. Wo dieser Bereich liegt, wissen wir nicht. Genau das sollte uns Sorgen machen.

Ein globaler Temperaturanstieg führt automatisch dazu, daß sich Klimazonen verschieben, daß sich wesentliche Niederschlagsgebiete verändern, daß Wüsten entstehen oder verschwinden mit einer Geschwindigkeit, der Natur und Mensch nicht folgen können. Gletscher als wichtige Wasserspeicher gehen global zurück. Derzeit sind noch keine Maßnahmen getroffen worden, in deren Rahmen Anpassungsmaßnahmen an einen Klimawandel möglich oder sinnvoll wären, denn Anpassungsmaßnahmen setzen voraus, daß der Wandel soweit gebremst ist, daß Anpassungsmaßnahmen ihm folgen könnten. Geoengineering ist erst recht keine Lösung. Auch das sind Gründe, über den Klimawandel sehr besorgt zu sein.

Wenn jetzt die Mehrheit der Deutschen nicht besorgt ist, sagt das nur etwas über den Grad allgemeiner Desinformation aus (danke, liebe Medien!). Die Mehrheit der relevanten Experten ist besorgt, und nicht zuletzt das macht auch mich besorgt und sollte jeden besorgt machen. Wir sollten endlich dieses wahnwitzige Experiment stoppen, einfach mal die Zusammensetzung der Erdatmosphäre zu ändern und abzuwarten, was dann passiert. Wenn etwas passiert, ist es definitiv zu spät, noch irgend etwas dagegen zu unternehmen.

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