Montag, 21. Mai 2012

War es das schon mit dem Heartland-Institute?

Das Heartland-Institute ist eine Lobby-Organisation, die im Auftrag ihrer Geldgeber deren Sicht der Dinge unter dem Deckmantel angeblicher Wissenschaft verbreitet. Zur Heartland-Methodik gehört es, Pseudoexperten dafür zu bezahlen, damit sie dem wissenschaftlichen Kenntnisstand widersprechende Essays und andere Publikationen erstellen oder Schautagungen veranstalten, die äußerlich Wissenschaftstagungen ähneln sollen. Verschiedene Formen der Werbung und Propaganda gehören zum Repertoire der Lobbyisten, die sich in ihre Verkleidung als Wissenschaftsförderer auch noch einer Steuerbefreiung erfreuen. Viele Jahr lang ging das gut. Doch jetzt steckt das Unternehmen in einer Krise.

Es gab gute Zeiten für das Heartland-Institute. Da antwortete das Lobby-Unternehmen noch auf den 4. IPCC-Bericht mit einer Schwindel-Tagung in New York, zu der sogenannte "Experten" mit bezahlter Anreise, Hotel und Honorar gelockt wurden und dem gut bezahlten Not-IPCC-Bericht, in dem der bekannte Lügner ("Passivrauchen schadet nicht der Gesundheit", "Klimawandel findet alle 1500 Jahre ganz natürlich statt und hat mit der Menschheit nichts zu tun") Fred Singer mit einer Zusammenstellung alter Leugnermythen so tat, als wären das gleichrangige Gegenargumente zu der auf der gesamten Klimaforschung basierenden Arbeit mehrer Hundert Experten. Da fand gerade der Diebstahl der Emails von einem Server der Climate Research Unit statt. Da war gerade das La Nina-Jahr 2008 vorbei und man konnte mit den herausgegriffenen Jahren 1998 bis 2008 den Abkühlung-seit-1998-Mythos pflegen. Noch bis 2011 lief eigentlich alles gut für die professionellen Leugner, ungeachtet dessen, daß der neuerliche globale Temperaturrekord 2010, die zunehmend schnellere Sommerschmelze des arktischen Meereises und Jahrtausendhitzewellen und -dürren 2010 in Rußland und 2011 in Texas und Oklahoma den Leugnerthesen völlig widersprachen.

Es sind nicht die wissenschaftlichen Fakten, die für Lobby-Unternehmen wie das Heartland-Institute ein Problem darstellen, denn es ist ihr Job, Zweifel an den wissenschaftlichen Fakten zu erzeugen. Verwundbar werden sie, wenn man ihr eigenes Arbeitsfeld betritt und Zweifel an ihrer Ethik, Professionalität und Diskretion erzeugt. Schon zuvor war es ein Problem, daß es für Unternehmen immer mehr ein Problem für die öffentliche Akzeptanz wurde, wenn man sich zu offensichtlich für die Wissenschaftsleugnung einsetzte und Umweltverschmutzung als Problem abstritt. Der wichtigste Geldgeber für die klimawissenschaftsfeindliche Propaganda des Heartland-Institutes war ein Unternehmen, dessen einziger Zweck es war, als Geldgeber aufzutreten, hinter dem unerkannt andere Einzahler Spendengelder durchreichen konnten. Für Exxon war es bereits zu peinlich geworden, offen Geld zu geben und die Koch-Brüder spendeten nach langer Unterbrechung gerade wieder an das Heartland-Institute, das vergebens auf neue Dauerförderung hoffte. Da passierte der GAU: Peter Gleick schaffte es ohne große Mühe, sich als Vorstandsmitglied des Lobby-Unternehmens auszugeben und erhielt ein vertrauliches Paket von Dokumenten zugesendet, das offenlegte, von wem Heartland Geld erhielt, welche Pseudoexperten damit bezahlt werden und wie man versucht, Zweifel an der Wissenschaft etwa an Schulen zu streuen. Die Pseudoexperten waren dazu gezwungen zuzugeben, daß sie sich ihre Auftragsarbeiten als angebliche Forschungsbeiträge vom Lobby-Unternehmen bezahlen ließen. Bezalt wurden nicht nur bekannte Leugner, wie Idso, Craig Loehle oder Fred Singer, Geld ging auch an den Ministeriumsmitarbeiter Goklany, der damit eine Untersuchung wegen Korruption an den Hals bekam. Geschmiert wurden auch regelmäßig gegen die Klimaforschung hetzende Journalisten, wie etwa Christopher Booker. Und auch der Blogbetreiber Watts mit Wattsupwiththat läßt sich für seine antiwissenschaftlichen Tiraden vom Heartland-Institute finanzieren und fungiert dafür als Hofberichterstatter.

Binnen kurzer Zeit verlor das Heartland-Institute mehrere öffentlichkeitsscheue Spender, die nicht mit der Leugnung des Klimawandels in Zusammenhang gebracht werden wollten. Auch Microsoft, die kostenlos Software bereitstellten, ließen nun die Lobbyisten wie eine heiße Kartoffel fallen. Doch viele Beobachter fragten sich, ob Gleicks Opfer den Preis wert war, denn der bekannte Umweltforscher beendete damit zunächst seine Karriere und trat unter anderem vom Posten des Leiters des Pacific Institute zurück. Ethisch galt es als bedenklich, daß ein Wissenschaftler das Spiel investigativer Journalisten spielte, und dabei mit dem Mittel der Täuschung arbeitete. Umsomehr, als das Heartland-Institute versuchte, Gleick unterzuschieben, er hätte eines der Heartland-Dokumente selbst produziert. Der Vorwurf war eigentlich für die Sache bedeutungslos, da in dem angezweifelten Dokument kaum etwas stand, das nicht durch die übrigen, bestätigten Dokumente belegt wurde. Aber es fiel ein Schatten auf Gleick, dem das Heartland-Institute gerne neben dem Tricksen, um interne Dokumente zugesendet zu bekommen, auch einen echten Betrug vorwerfen wollte. Es war jedoch schon auffällig, daß das Heartland-Institute es unterließ, eigene Beweise für die Dokumentenfälschung vorzulegen. Stattdessen sollten Blogger im Umfeld des Wattsupwiththat-Blogs mit einer Software zur Untersuchung von Mustern in Dokumenten belegen, daß das angeblich gefälschte Dokument von Gleick geschrieben war. Das Ergebnis dieser Untersuchung ließ sich jedoch willkürlich durch die Auswahl der Vergleichsdokumente einstellen, was diesen ganzen Test entwertet. Dafür kommt demnächst das Ergebnis einer externen Untersuchung des Pacific Institute zu Peter Gleick heraus, und der "Guardian" lanciert bereits als Ergebnis, daß Gleick wohl in der Sache entlastet wird. Im Umkehrschluß würde dann gelten, daß das Heartland-Institute auch mit der Behauptung, eines der Dokumente wäre von Gleick gefälscht, gelogen haben müßte. Doppelt peinlich, daß verschiedenen Bloggern mit rechtlichen Schritten gedroht wurde, wenn sie auf die für das Heartland-Institute reputationsschädigenden Dokumente verlinken, und dann keine Taten folgten, da die Betrugs- und Fälschungsvorwürfe des Lobby-Unternehmens nicht zu belegen waren.

Doch noch schlimmer als Gleick schadete dem durch einen Verlust wichtiger Spender nervösen Lobby-Unternehmen das Heartland-Institute selber. Anfang Mai startete man eine neue Werbekampagne mit elektronischen Anzeigetafeln an stark frequentierten Orten in den USA, die auf das am 21. Mai beginnende aktuelle Pseudowissenschaftstreffen in Chicago hinweisen sollte. Auf der Werbetafel sollte man zum Beispiel das Gesicht des irren Terroristen Ted Kaczynski, des sogenannten Unabombers sehen und dazu den Kommentar "Ich galube an die globale Erwärmung. Und Du?" Die Botschaft ist also, Irre, Terroristen und Diktatoren glauben an die globale Erwärmung. Und wer hier der einstimmigen Ansicht praktisch aller seriösen Klimaforscher und sämtlicher Wissenschaftsorganisationen zustimmt, stellt sich in eine Reihe mit diesen Wahnsinnigen und Mördern. Diesem Gedankengang konnten selbst viele am antiwissenschaftlichen Lobbyismus interssierte Unternehmen und viele sonst mit der Wissenschaftsleugnung beschäftigte Pseudoexperten nicht mehr folgen. Binnen kürzester Zeit stiegen wichtige Spender (General Motors) und einige der bisher als Experten des Heartland-Institute geführte Personen wie zum Beispiel Roger Pielke jr. oder Landsea aus. Die Werbetafelaktion war nicht etwa, wie der Präsident des Heartland Institute, Joseph Bast behauptete, ein spontaner Versuchsballon, den man nach den ersten Reaktionen wieder zurückzog, sondern macht öffentlich, wie man in dem Unternehmen die Klimaforschung sieht. Denn dort schreibt man: >>“The most prominent advocates of global warming aren’t scientists,” said Heartland’s president, Joseph Bast. “They are Charles Manson, a mass murderer;  Fidel Castro, a tyrant; and Ted Kaczynski, the Unabomber."<< - >>Die bekanntesten Advokaten der globalen Erwärmung sind keine Wissenschaftler", sagt Heartlands Präsident Joseph Bast. "Sie sind Charles Manson, ein Massenmörder, Fidel Castro, ein Tyrann, und Ted Kczynski, der Unabomber."<<  Das ist so absurd, daß es einem die Sprache verschlägt, wenn die Ansicht fast aller einschlägig auf dem Gebiet publizierenden Wissenschaftler dazu laut Bast keine Rolle spielt, aber Aussagen einiger zufällig herausgegriffener Irrer. Das Unternehmen stellt sich und seine Leugnung des Klimawandels in die Ecke fanatischer Verschwörungstheoretiker, ganz verdient, aber nun so offensichtlich, daß es einigen im eigenen Lager zu auffällig wird.

Aktualisierung am 23.5.2012: Über den Blog Rabett Run wurde ich auf einen Artikel im Guardian aufmerksam, der darauf hinweist, daß nun auch ein Teil des Vorstandes die Anzeigentafelkampagne mit dem Unabomber so absurd fanden, daß sie das Heartland-Institute verließen. Der Ausfall von Spenden, die für 2012 vorgemerkt waren, übersteigt ein Drittel. Die Pseudowissenschaftskonferenz in Chicago konnte demnach nur finanziert werden, indem unter anderem Spender der Kohleindustrie sowie die Heritage Foundation, eine andere konservative Lobbyorganisation, einsprangen.


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Heartland braucht leider gar nichts mehr machen, das besorgen schon die texanischen Republikaner!
Aus dem Report of Platform Committee der Republican Party of Texas, Seite4:
"Protection from Extreme Environmentalists – We strongly oppose all efforts of the extreme environmental groups that stymie legitimate business interests. We strongly oppose those efforts that attempt to use the environmental causes to purposefully disrupt and stop those interests within the oil and gas industry. We strongly support the immediate repeal of the Endangered Species Act. We strongly oppose the listing of the dune sage brush lizard either as a threatened or an endangered species. We believe the Environmental Protection Agency should be abolished."