Samstag, 1. Februar 2014

Auf unsere Kosten

Viele Lobbyvereine, die den wissenschaftlichen Sachstand zum Klimawandel leugnen und bekämpfen, sehen sich moralisch als Verteidiger der Geldbeutel ihrer Klienten. Sie sehen in der Wissenschaft zum Klimawandel nur die Lautsprecher grüner Umverteilungspolitik und die potentielle Verschwendung von Geldern. Es steht jedoch zu befürchten, dass ihre Sabotage der Wissenschaft und ihre irrationale Panikmache vor vernünftiger Umweltpolitik nicht nur große Schäden anrichten wird, sondern wir hinterher noch erleben werden, dass die gleichen Menschen sich dann davor drücken werden, dafür die Verantwortung zu übernehmen. Es ist davon auszugehen, dass die größte Geldverschwendung von denen verursacht wird, die ihre Ideologie über die Realität stellen. Die Leugner haben bisher schon Zweifel an der seriösen Wissenschaft gesät, dabei Wissenschaftler in ihrer Arbeit behindert und vielleicht auch verhindert, dass es größere Fortschritte bei der Vermeidung von Treibhausgasemissionen gibt. Sie haben verschiedene Wissenschaftler diffamiert, bedroht und mit sinnlosen Klagen überzogen. Sie haben den organisatorischen Hintergrund für Hacherangriffe auf Rechner verschiedener wissenschaftlicher Einrichtungen geboten - der Hackerangrif auf die Climate Research Unit war dabei nur der bekannteste. Und nachdem da alles geschehen ist, können wir uns sicher sein, dass sich die Leugner davor drücken werden, ihre Schäden zu bezahlen. Das ist keine Behauptung, sondern eine Beobachtung. Skeptical Science macht auf einen Bericht aufmerksam, in dem ein Wissenschaftler aus Neuseeland seine Erfahrung mit der destruktiven und unverantwortlichen Arbeit professioneller Leugner schildert.



Ein Instrument, dass Leugner gerne nutzen, ist die Gründung von Organisationen, die ihre wahre Funktion verschleiern. Sie sind reine Lobbyunternehmen, die das Geld ihrer Spender in politische Macht umsetzen wollen, um unliebsame Umweltgesetze zu torpedieren. Um Geld zu sparen und Ansehen zu gewinnen, treten die Lobbyunternehmen als gemeinnützige Vereine zur Förderung der Wissenschaft auf, wie etwa das Heartland Institut, das unter anderem einen Pseudowissenschaftlerkongress und einen Pseudoklimabericht, den NIPCC Report, finanziert, die Beeinflussung von Schulcurricula oder den Blog Wattsupwiththat zur Desinformation der Öffentlichkeit. Öffentliche Mittel in Form von Steuervorteilen greifen solche Lobbyunternehmen bei aller Kritik an Staatsgeldern gerne ab.

In Neuseeland wurde diese destruktive Strategie auf die Spitze getrieben. Hier, wie in vielen anderen Ländner, werden historische meteorologische Zeitreihen gepflegt. Jim Salinger, gegenwärtig an der University of Auckland tätig, hatte als Doktorant die neuseeländische Zeitreihe aus 7 lokalen Stationen entwickelt und nach dem Stand der Wissenschaft auch später homogenisiert und aktualisiert. Dabei wurde zum Beispiel der Einfluss von Stationsverlegungen mit statistischen Mitteln berücksichtigt.

Als Salinger 2008 nun für das regierungseigene Forschungsinstitut National Institute of Water and Atmospheric Research (NIWA) diese Temperaturzeitreihe erneut aktualisierte, ergab sich, was auch global geschehen war: die Temperatur war seit Beginn der Zeitreihe 1909 deutlich gestiegen, hier etwa um 0,91 Grad.Wie üblich, regten sich hier auch Leugner darüber auf. Auch hier nahmen sie die Rohdaten, in denen alle Fehler von Stationsverlegungen, Änderungen der Beobachtungszeitpunkte oder Wärmeinseleffekt enthalten waren, verglichen sie mit der homogenisierten Zeitreihe und schrien "Fälschung!". Zunächst kamen die Attacken von der NZ Climate Science Coalition. Rodney Hide aus einer liberalkonservativen Partei in Neuseeland, der ACT New Zealand Party unterstützte die Angriffe im Parlament. 2010 und 2011 hielt er mit 80 Anfragen im Parlament Mitarbeiter des NIWA mit Arbeiten zur Beantwortung beschäftigt, was bereits einen erheblichen Schaden für die Steuerzahler darstellte, da in der Zeit auch  produktive Arbeit hätte geleistet werden können. Das Ergebnis aller ANfragen war aber letztlich gleich: die Überprüfung der Temperaturdaten ergab, dass sie korrekt waren.

Die NZ Climate Science Coalition wiederum gründete die New Zealand Climate Science Education Trust (NZCSET) mit weitgehend gleichen Mitgliedern und verklagte die NIWA wegen der angeblichen Datenfälschung. Der Prozess nahm den Instanzenweg bis zum New Zealand High Court, wo 2012 festgestellt wurde, dass die Klage ohne Basis sei und die Prozesskosten vom Kläger NZCSET zu bezahlen seien, Höhe 89000 plus weitere Kosten in NZ-Dollar (in Euro etwas mehr als die Hälfte). Daraufhin ging NZCSET in Liquidation, mit der Folge, dass die Prozesskosten nun zu Lasten des neuseeländischen Steuerzahlers gehen.

Es ist vorstellbar, dass NZCSET von vornherein gegründet wurde, um unter Ausschluss eines eigenen finanziellen Risikos mit einem Prozess die Klimaforschung in Neuseeland zu skandalisieren, um Stimmung gegen Wissenschaftler zu machen. Ähnlich wurde auch in anderen Ländern vorgegangen. Das Tea-Party-Mitglied Ken Cuccinelli, Republikaner und seinerzeit Generalstaatsanwalt von Virginia, versuchte zwei Mal auf dem Rechtsweg von der Universität von Virginia Unterlagen zu erhalten, mit denen angebliche Unregelmäßigkeiten von Michael Mann festgestellt werden sollten. Beide Male wurden die Ersuchen vor Gericht zurückgewiesen. Die Universität beklagte jedoch schon vor dem Ende der Prozesse finanzielle Aufwendungen von 350.000 US-Dollar, die zu Lasten der Bildung und Forschung und auf Kosten der Steuerzahler gingen. Der Eindruck blieb, dass hier Wissenschaftler eingeschüchtert werden sollten und Cuccinelli sein Amt mißbrauchte. Für Cucinelli, der seine politischen Aktivitäten in diesem Amt als Basis für die Kandidatur zum Gouverneur von Virginia sah, endete die Wahl 2013 allerdings damit, dass der bisher eigentlich sicher republikanische Staat knapp an die Demokraten fiel.

Auffällig ist, dass die NZ Climate Science Coalition und die International Science Coalition zu den Zuwendungsempfängern des Heartland Institute gehören. Bei den Vorstandsmitgliedern und den "wissenschaftlichen" Beratern dieser Lobbyunternehmen findet man viele bekannte Leugner, die zugleich auch in anderen Organisationen arbeiten, zum Beispiel Michael Limburg von EIKE oder Monckton von Fred Singers SEPP. Personelle Überschneidungen gibt es auch zum George Marshall Institut und zum Cato Institut. Und mit Sonja Boehmer-Christensen sitzt auch die Herausgeberin von Energy&Environment im Boot, mit Chris de Freitas der Mann, der den Skandal beim International Journal of  Climate verursacht hat und mit Scott Armstrong auch der Gründer des International Journal of Forecasting. Das läßt die Gesamtstrategie erahnen, die aus destruktiven Freedom of Information Anfragen, inszenierten Klagen, Petitionen und der Publikation von pseudowissenschaftlichen Artikeln besteht, mit der der Anschein einer wissenschaftlichen Kontroverse erzeugt werden. Alles gefördert und bezahlt vom Steuerzahler.

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