Sonntag, 2. Februar 2014

Guter Blog zum Thema Temperaturzeitreihen

Ich mache hier selten Werbung für Webseiten oder Blogs. Manchmal fühle ich aber einfach, dass ich da eine Lücke habe. Heute will ich mal für den Blog Variable Variability werben. Hier schreibt Victor Venema, ein Wissenschaftler an der Uni Bonn, der sich unter anderem mit der Homogenisierung langer Temperaturzeitreihen beschäftigt. Es ist viel wert, wenn man auf Blogs trifft, die von Experten betrieben werden, weil man dann auch hoffen kann, dass der Quotient von Signal zu Rauschen sehr hoch ist. In diesem Fall habe ich einige der Beiträge der letzten 3 Monate mir näher angeschaut und fand das Niveau hoch, den Ton sachlich, den Inhalt originell. Einziges Manko: ich vermisse eine Präsenz deutschsprachiger Blogs. Primaklima und Klimalounge leisten hier einiges, dass man auch im deutschsprachigen Raum zentrale Ansprungstellen hat, und auch hier sind aktive Wissenschaftler die Schreiber, was dann bei den entsprechenden Themen größeren Tiefgang verspricht.



Eigentlich wollte ich mich zum Thema Homogenisierung von Temperaturzeitreihen näher im Web umschauen. Dabei fiel mir auch wieder auf, dass es eine COST Aktion HOME gibt. COST ist eine europäische Förderplattform für wissenschaftliche Projekte und HOME steht für COST Action ES0601: advances in homogenization methods of climate series oder kurz Homogenisierungsmethoden. Dabei geht es darum, dass es verschiedene Verfahren gibt, mit denen untersucht werden kann, ob eine Temperaturzeitreihe Brüche enthält, weil zum Beispiel die Station verlegt wurde, sich die Messbedingungen durch Bebauung verändert haben oder die Instrumentierung verändert wurde. In so einem Fall kann zum Beispiel der Vergleich mit der Temperaturentwicklung bei benachbarten, vergleichbaren Stationen eine Möglichkeit an die Hand geben zu berechnen, um wieviel die Zeitreihe dadurch abweicht und wie sie daher korrigiert werden muss. Auf diesem Wege entfernt man auch den oft zitierten städtischen Wärmeinseleffekt (urban heat island - UHI) aus Zeitreihen.

Die Frage ist jetzt, was eigentlich diese entwickelten Methoden wert sind. Wenn man Zeitreihen mit Brüchen vorgibt und sie den verschiedenen Forschergruppen, die sich damit beschäftigen, vorlegt, können Sie dann diese Brüche herausfinden und die Zeitreihen korrigieren? Genau diesen Test gab es im Rahmen von COST HOME. Zu den Ergebnissen gehörte, dass neuere Verfahren tatsächlich gute Ergebnisse bei der Homogenisierung von Temperaturzeitreihen gaben. Bei Niederschlagsdaten sind größere Abweichungen zu erwarten, was bei der hohen Variabilität von Niederschlagsdaten nicht überrascht. Details findet man bei Venema et al. 2012. Die COST Aktion hat eine eigene Webseite für COST HOME, und auch hier sollte man nachschauen, wenn man mehr darüber erfahren möchte, etwa die Empfehlungen, die aufgrund der COST-Aktion zu Homogenisierungsverfahren gegeben werden.

Im Blog Variable Variability werden solche Ergebnisse ebenso diskutiert, wie einige der missglückten Versuche in Leugnerblogs, sinnvolles zum Thema beizutragen. Insofern wird hier auch, wie bei Taminos Blog, der statistische Fehler und statistische Verfahren durchleuchtet, für Misrepräsentationen in Leugnerblogs sensibilisiert. Aktuell diskutiert Venema in seinem Blog die Reaktion in Leugnerblogs auf eine chinesische Arbeit zur Homogenisierung von Temperaturzeitreihen in chinesischen Städten. Wie ich schon einmal geschrieben hatte, gibt es hier  einen besonders starken Einfluss eines wachsenden Wärmeinseleffektes auf Temperaturzeitreihen. Das Problem ist, dass man bei der Homogenisierung der Zeitreihen nicht nur Brüche betrachten muss, die bei Stationsverlegungen zum Beispiel an den Stadtrand auftreten, sondern zugleich für die graduelle Überwärmung an der Station durch das Wachstum der umgebenden Stadt korrigieren muss. Das geht, erfordert aber Sorgfalt. Ein Artikel von Zhang et al. (2013), der dies diskutierte, wurde in Leugnerblogs selektiv zitiert, um den Eindruck zu geben, es würden nur die Brüche, aber nicht die graduellen Fehler korrigiert. Da Stationen bevorzugt an weniger beeinflusste Orte verlegt werden, wäre die reine Korrektur von Brüchen meistens eine zusätzliche Erwärmung der Temperaturzeitreihe.

Wie gesagt, schade dass es nicht auf Deutsch ist, denn englischsprachige Blogs gibt es auch in der Qualität einige. Recht speziell fand ich den Ausdruck "climate ostriches" für Leugner, den ich noch nicht kannte. Klimastrauße, vielleicht wegen der im Volksmund unterstellten Unart, den Kopf in den Sand zu stecken, ist zwar eine verständliche Umschreibung, aber ich meine, man sollte benennen, was diese Leute tun, und das ist die Leugnung eines bestehenden Sachstandes der Klimaforschung und der vorhanden Beobachtungen. Aber so etwas ist wirklich eine Geschmackssache und es sollte jeder Blogger seine persönliche Ausdrucksweise pflegen. Ich nehme den Blog jedenfalls in meine Favoriten auf.

2 Kommentare:

Victor Venema hat gesagt…

Vielen Dank Herr Zimmermann für die freundliche und akkurate Rezension.

Ich bin leider Holländer, deswegen wäre es für mich sehr aufwendig auf Deutsch zu schreiben. Und müsste ständig jemand meine Text korrigieren. Jeder darf aber gerne meine Text übersetzen. :) Der blog hat ein CC Lizenz.

Ein Klimastrauß ist jemand der verneint, dass Klimawandel ein Problem ist. Manche davon Leugnen nur ein Teil des "bestehenden Sachstandes der Klimaforschung und der vorhanden Beobachtungen." Und fangen dann an mit langen Diskussionen zu dem richtigen Term, was von der tatsächliche Diskussion ablenkt. Ich habe noch kein Klimastrauß getroffen, der behauptet hat das Klimawandel ein Problem ist. Das Wort ist aber den Vögel gegenüber nicht ganz gerecht, muss ich gestehen.

J. Zimmermann hat gesagt…

Und ich danke für die Klarstellung. Den Klimastrauß verstehe ich nun besser. Ich wünsche noch viel Erfolg mit Ihrem Blog und Ihrer Arbeit.